Regierungsgebäude
Kann die Regierung von Schwaben als Institution schon auf eine über 150-jährige Geschichte zurückblicken, so reicht die Baugeschichte unseres Hauptgebäudes - des Fronhofs - noch weiter zurück.
Der Fronhof mit dem Pfalzturm ist heute Sitz der Regierung von Schwaben. Fronhof wird der Ort genannt, weil hier im Mittelalter der Vogt, der für den König die Fron, also die Steuern, eintrieb, seinen Sitz hatte. Das Gebäude und der Saal, in dem schon Kurfürsten tagten, wurden im Rokoko im neuen Stil renoviert, nur der Pfalzturm aus dem 13. Jahrhundert behielt sein ursprüngliches Aussehen. Das heutige Erscheinungsbild der ehemaligen bischöflichen Residenz in Augsburg geht also hauptsächlich auf das 18. Jahrhundert zurück.
Bis zur Säkularisation 1802/03 war das Gebäudeensemble die Residenz der Bischöfe der Diözese Augsburg , als diese nicht nur geistliche Herren, sondern auch weltliche Fürsten des Hochstifts Augsburg, also ihres weltlichen Territoriums, waren. Die Regierung von Schwaben ist seit 1817 in den ehemaligen Residenzbauten beim Dom untergebracht.
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Im Gefolge der Reformation Martin Luthers (1483–1546) gab es Konfessionsstreitigkeiten zwischen den altgläubigen Katholiken und den Protestanten in Augsburg. Der mehrheitlich protestantisch besetzte Rat der Reichsstadt war im Jahre 1536 dem „Schmalkaldischen Bund“, einem Zusammenschluss von lutherisch gesinnten Fürsten und Reichsstädten gegen die kaiserlich-katholische Partei, beigetreten. Am 17. Januar 1537 verbot der Augsburger Rat den katholischen Kultus und wies die katholischen Geistlichen und Ordensangehörigen aus der Stadt. So verließ auch der damalige Augsburger Bischof Christoph von Stadion mit dem Domkapitel die Stadt und zog in das hochstiftische Schloss nach Dillingen a. d. Donau, das damit zur bischöflichen Hauptresidenz wurde.
Erst nachdem Kaiser Karl V. in der Schlacht bei Mühlberg a. d. Elbe (zwischen Riesa und Torgau) am 24. April 1547 den Schmalkaldischen Bund vernichtend besiegt und damit zerschlagen hatte und am 23. Juli zum sogen. „geharnischten“ Reichstag in Augsburg eingezogen war, konnten der katholische Säkular- und Regularklerus sowie das Domkapitel wieder zurückkehren.
Zum Reichstagsende wurde das „Augsburger Interim“ vom 15. Mai 1548 verabschiedet, das als Zwischenlösung den Protestanten Priesterehe und Laienkelch, d. h. den Empfang des Abendmahls unter beiden Gestalten von Brot und Wein, bis auf weiteres gestattete.
Ein weiterer Reichstag in Augsburg brachte den „Augsburger Religionsfrieden“ vom 25. September 1555. Danach galt in Augsburg eine gegenseitige Duldung der katholischen und evangelischen Konfession. Andere Glaubensgruppen waren davon ausgeschlossen.
Im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) loderten die konfessionellen Gegensätze wieder auf, bis endlich der Westfälische Friede von Münster und Osnabrück vom 14./24. Oktober 1648 ein Ende der Leidenszeiten setzte. In Augsburg (wie auch in den Reichsstädten Dinkelsbühl, Biberach a. d. Riss und Ravensburg) wurde u. a. die Parität, die konfessionelle Gleichberechtigung, festgeschrieben (Instrumentum Pacis Osnaburgensis Art. V. § 3).
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Die ins Spätmittelalter (13. Jahrhundert) zurückreichenden Pfalzbauten in Augsburg bedurften infolge der überwiegenden Abwesenheit der Bischöfe der Erneuerung. Der im Kern älteste Bauteil, der rund 30 m hohe Pfalzturm ist die Achse der zwei den Fronhof im Westen und Norden abschließenden Gebäudeflügel. Der sich vom Turm nach Süden erstreckende Haupttrakt bestand aus drei alten aneinandergereihten Häusern unterschiedlicher Höhe und Gestalt. Bischof Johann Christoph von Freyberg begann ab 1670 die Teile zu einem einheitlichen Gebäudezug zusammenzufassen. Sein Nachfolger, Bischof Alexander Sigismund, Pfalzgraf von Neuburg aus dem Hause Wittelsbach, ließ Ende des 17. Jahrhunderts den Südflügel, einen den bischöflichen Bereich im Westen (Richtung Stadttheater) begrenzenden Trakt für das Konsistorium (die Verwaltungs- und Gerichtsbehörde des Bischofs) neu aufführen, nördlich daneben die Hofreitschule, die nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg ab 1948 durch das heutige Gebäude mit dem Staatlichen Vermessungsamt (seit 2006) ersetzt wurde. Baumeister war vermutlich Valerian Brenner von Günzburg aus der Vorarlberger Bautradition. Über der Straßendurchfahrt des Südflügels ist eine Büste des Bischofs Alexander Sigismund (1954 von Bildhauer Sepp Mastaller) ostseitig angebracht.
Ein weiteres bischöfliches Gebäude, der sogen. Pfalzhofbau, stand dort, wo heute der Parkhof der Regierung von Schwaben ist, parallel nördlich des Ostflügels. Ihn hatte der Eichstätter Baumeister Gabriel de Gabrieli im Jahre 1733 errichtet. Auch dieser Bau wurde im Zweiten Welt-krieg 1944 völlig zerstört, sein Platz eingeebnet.
Unter Bischof Johann Franz Schenk von Stauffenberg, zugleich Bischof von Konstanz, wurden der Hofgarten und die schlichten Nordbauten mit dem villenhaften Hofzahlamt begonnen. Als deren Schöpfer gilt der Deutschordensbaumeister vom Bodensee, Johann Kaspar Bagnato.
Bischof Joseph I., Landgraf von Hessen-Darmstadt setzte die Bautätigkeit fort. Er verewigte sich auf der Inschrifttafel über dem Portal des Haupttrakts (in Richtung zum Dom). Über der Tafel ist das von zwei Löwen gehaltene hessische Wappen des bischöflichen Bauherrn angebracht, das im Treppenhaus al fresco wiederkehrt. Entwurfsverfasser und Bauleiter in den Jahren 1741–1743 war Johann Benedikt Ettl. Im Dachstuhl überliefert eine Inschrift den Hofzimmermeister „Johann Adam Schweiger 1743“.
Nach Niederlegung des vom Turm nach Osten gerichteten alten Fachwerkbaues mit dem gotischen Kapitel- oder Kapellensaal wurde 1750–1752 der neue Ostflügel nach Planung von Franz Xaver Kleinhans durch Hofbaumeister Ignaz Paulus ausgeführt. Er wird von der westlichen Hofgartenseite über das prächtige Treppenhaus (sogen. Prunkaufgang) betreten, das zum Rokoko-Festsaal, dem ehemaligen Tafelzimmer der fürstbischöflichen Residenz, hinaufführt.
Der letzte Fürstbischof Clemens Wenzeslaus aus dem sächsischen Haus Wettin, zugleich Kurfürst und Erzbischof von Trier (lebte und starb nach der Säkularisation bis 1812 in Maktoberdorf) hatte vom 2. bis 6. Mai 1782 Papst Pius VI. (Gianangelo Graf Braschi; reg. 1775–1799) zu Gast. In Erinnerung daran kam 1789 der von Säulen gestützte Balkon zur Ausführung. Gestalter des von Uhr und Herzogshut bekrönenden Portal-Rahmens war Ignaz Ingerl.